Statt Hochzeitsreise droht die Abschiebung

©Peter Fuchs/APEX

07.01.2009 | 18:12 | Clara Akinyosoye

Die Initiative „Ehe ohne Grenze“ kämpft darum, dass Ehen zwischen Einheimischen und Nicht-Österreichern gesetzlich nicht schlechter gestellt sind und will mit Klischees über binationale Paare aufräumen.

„Ich verlange einfach nur die gleichen Rechte,“ sagt Amelie Trenk (Name von der Redaktion geändert). Die 30-jährige Österreicherin hat im Dezember 2005 einen seit fünf Jahren in Österreich lebenden Asylwerber aus Gambia geheiratet. Das Asylverfahren läuft noch, befindet sich derzeit in Berufung.

Ein Einzelfall? Mitnichten. 2005 war jede vierte geschlossene Ehe eine binationale: Laut Statistik Austria fanden 2005 8000 Eheschließungen zwischen Österreichern und Drittstaatsangehörigen statt, 2006 waren es 6000. Eine binationale Ehe oder Lebensgemeinschaft ist also längst kein Randgruppenphänomen mehr.

Für „Ehe ohne Grenzen“ setzt sich seit 2006 der gleichnamige Verein ein. Die Gründung war eine Reaktion Betroffener auf das Fremdenrechtsgesetz, das binationale Paare seit Anfang 2006 in ihrer Lebensgestaltung massiv einschränkt. „Die Initiative kämpft gegen gesetzliche Bestimmungen, die gemeinsames Ehe- und Familienleben verhindern“, sagt Gründerin Angela Magenheimer. Natürlich, auch Schein- und Zweckehen gibt es, doch bei Asylwerbern gilt gleich der Generalverdacht.

Waren es beim ersten Treffen noch 15 Paare, konnten zwei Monate später 160 gezählt werden. Aber: „Die Demonstrationen, die wir vor dem Innenministerium abhielten, wurden nicht einmal ignoriert“, erzählt Magenheimer. Nach einem Jahr mit wöchentlichen Petitionen kam es schließlich zu einem 20-minütigen Gespräch mit Günther Platter, dem damaligen Innenminister. Seine lakonische Aussage zu binationalen Paaren: „Wo steht im Gesetz, dass sie in Österreich leben müssen?“

Paare illegalisiert

Tatsächlich ist es so, dass das Fremdenrechtspaket 2006 Menschen, die bereits davor geheiratet haben, illegalisiert hat. „Jetzt muss man Jus studiert haben, bevor man eine Drittstaatsangehörige heiratet“, meint Magenheimer.

Seit Inkrafttreten des neuen Fremdenrechts darf man den Antrag auf Niederlassungsbewilligung nur noch aus dem Inland stellen, wenn man „ohne Umgehung der Grenzkontrolle eingereist und hier legal aufhältig ist”. Andernfalls sind Anträge aus dem Herkunftsland zu stellen, also jenem Staat, aus dem Asylwerber geflüchtet sind, um in Österreich Schutz zu suchen. Eine Arbeitserlaubnis erhält man nur noch nach Erteilung des Aufenthaltstitels. Um den zu bekommen, muss man ein Einkommen von 1056 Euro netto nachweisen können. Für viele Paare, so Magenheimer, sei es unmöglich, diese Summe zu erbringen, da die nicht österreichischen Ehepartner nicht arbeiten dürfen. „Das sind Hürden, von denen viele binationale Paare betroffen sind“, meint Amelie Trenk.

Auch ihr wurde rund um die Änderung des Fremdenrechts gesagt, dass ab Jänner 2006 das laufende Asylverfahren ihres Mannes nicht mehr gültig sei und er einen Antrag aus Gambia stellen müsse. „Die Ungewissheit ist das Unerträglichste. An Kinder ist in so einer Situation nicht zu denken, auch wenn sie grundsätzlich geplant sind“, erzählt die Betroffene.

Verhaftung am Standesamt

Standesämter sind verpflichtet, Anmeldungen zu einer binationalen Eheschließung der Fremdenpolizei zu melden. „Scheinehekontrollen werden schon nach der Bestellung des Aufgebots, noch vor der Eheschließung, durchgeführt. Uns sind Fälle bekannt, wo die Verhaftung am Standesamt direkt vor der Hochzeit passierte“, berichtet Magenheimer.

Von der österreichischen Gesetzgebung sind aber nicht nur heterosexuelle Paare betroffen: Achim verliebte sich in den Amerikaner Nelson Andrews, der durch ein Fulbright-Stipendium als Student und dann als Englisch-Assistent drei Jahre in Österreich arbeiten durfte. Dann bekam der keine Arbeitserlaubnis mehr. „Man sagte ihnen, sie sollen sich in einem anderen EU-Land niederlassen“, erzählt Achims Mutter. Immerhin: In Deutschland konnten sie sich als „eingetragene Partnerschaft“ registrieren lassen. Mit Briefen an österreichische Politiker setzte sie sich für ihren Sohn und seinen Partner ein. Meist kamen freundliche Antworten zurück. Geändert hat das daran, dass gleichgeschlechtliche Paare, bei denen ein Partner nicht EU-Bürger ist, auswandern müssen, noch nichts. (EWA AGATA DZIEDZIC UND CLARA AKINYOSOYE)

„Die Presse“, Print-Ausgabe, 07.01.2009


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