Zwangsehe – Erste Notwohnung für Frauen und Mädchen eröffnet

17.07.2013 | 13:39 | Hülya Tektas

Die Frauenberatungsstelle Orient Express fordert seit 12 Jahren eine Notunterkunft für die von Zwangsehe bedrohte oder betroffene Frauen und junge Mädchen. Die erste Notwohnung wird heute eröffnet. Die Kosten und die Verantwortung des Projekts tragen Frauen- und Innenministerium gemeinsam.

Wien. Bisher wurden junge von Zwangsehe bedrohte Mädchen in Krisenzentren und die Frauen in Frauenhäusern untergebracht. „Problematisch ist dabei, dass gerade die Adressen der Krisenzentren bekannt sind und minderjährige Frauen dort vor ihren Familien nicht ausreichend geschützt werden können“, sagt Gül Ayse Basari, die Leiterin des Vereins Orient Express. Jetzt ist erstmals eine Notunterkunft für Frauen und Mädchen eingerichtet worden.

Die Adresse der Notunterkunft wird vor der Öffentlichkeit streng geheim gehalten. In dieser Wohnung werden Frauen rund um die Uhr betreut und beraten. Zunächst ist ein Aufenthalt von drei Monaten vorgesehen. Allerding versichert Basari, dass die Klientinnen auf jeden Fall weiter in dieser Wohnung bleiben dürfen, wenn sie noch weitere Unterstützung brauchen. In der 190 m² großen Wohnung werden acht Frauen zwischen 16 und 24 Jahren untergebracht. Zudem gibt es Notplätze für zwei weitere Personen. Seit März dieses Jahres werden die sechs Betreuerinnen geschult und vorbereitet. Frauen- und Innenministerium tragen die Kosten und die Verantwortung für dieses Projekts, je zur Hälfte, zusammen.

Statistiken 

Letztes Jahr betreute der Verein Orient Express 89 von Zwangsehe bedrohte oder betroffene Frauen. Etwa 70 Prozent der Klientinnen waren österreichische Staatsbürgerinnen. Sie gehören der zweiten oder dritten Generation von MigrantInnenfamilien an. Rund ein Drittel der Frauen hat Wurzeln in der Türkei. 9 Frauen hatten Wurzeln in Ländern aus Ex-Jugoslawien. Da viele Frauen aus türkischen Familien stammen, arbeitet Orient Express auch mit Frauenvereinen in der Türkei zusammen. Durch die enge Zusammenarbeit mit anderen europaweiten Frauenvereinen, insbesondere aber mit dem Berliner Verein Papatya kann Orient Express auf gute Erfahrungen in Bezug auf Zwangsehen zurückgreifen. Der Verein Papatya leitet bereits seit 25 Jahren eine ähnliche Krisenwohnung.

Sensibilisierungsarbieten in den Schulen

Da besonders minderjährige Mädchen von Zwangsehen betroffen sind, startete Orient Express ein Schulworkshop Projekt, bei dem sowohl die Lehrer und Lehrerinnen als auch Jugendliche ab 14 Jahren auf die Gefahr der Zwangsehe sowie auf Betreuungseinrichtung aufmerksam gemacht werden. Diese Schulworkshops erzielen laut Basari eine sehr gute Wirkung. So kann man einerseits junge Frauen noch erreichen bevor sie von einer möglichen Zwangsehe stehen. Andererseits lernen dabei SchulpsychologInnen und LehrerInnen, wie sie bei der Gefahr einer Zwangsehe reagieren sollen.


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