Boris Podrecca – Ein Wiener Architekt aus Triest

11.10.2011 | 23:04 | Ida Labudovic

Der Architekt Boris Podrecca hat in Wien unter anderem am Millennium-Tower mitgearbeitet und hat das Bild von Wien mitgeprägt. Seine kulturelle Prägung hat er in Belgrad und in Triest erhalten.

Wien. Er hat das Bild von Wien mitgeprägt. Boris Podrecca war unter anderem mitverantwortlich für die Errichtung des Millennium-Towers und die Platzgestaltung vor dem Bahnhof am Praterstern. Eine aktuelle Ausstellung im Wiener Ringturm zeigt nun ein weiteres seiner Projekte. „Belgrad – Momente der Architektur“ veranschaulicht seine Arbeit als Gestalter des Museums der Wissenschaft und Technik. Neben diesem Projekt sieht man aber auch beeindruckende Fotos, die die baulichen Höhepunkte dieser Stadt zeigen. „Was die Moderne vor dem Zweiten Weltkrieg betrifft“, sagt Podrecca, „so ist Belgrad viel reicher als Wien.“

Podrecca war 18 Jahre alt, als er auf der Suche nach seinem Vater mit dem D-Wagen vom Südbahnhof bis zum Ring gefahren ist. Das war vor 50 Jahren, und er war zum ersten Mal in Wien. „Noch heute kann ich mich erinnern“, erzählt der Architekt, „wie ich meinen Vater durch das Glasfenster des damals größten Kaffeehauses Wiens, des Josephinums auf der Währinger Straße, gesehen habe.“

So hat Podreccas Leben in Wien begonnen. Auf der Durchreise in Belgrad geboren, wo sein Vater am Hof des Königs Aleksander I. Karadjordjevic als Attaché akkreditiert war, ist er mit seiner Mutter zu Beginn des Zweiten Weltkriegs nach Triest, der Geburtsstadt seines Vaters, gekommen. Genauso wie sein Vater hat Boris Podrecca sieben Sprachen gelernt, „das hat mir immer wieder geholfen, mit Menschen in ein unmittelbares Verhältnis zu treten“.

In Triest sei er auf der Straße aufgewachsen und nach Hause nur zum Essen und Schlafen gegangen. „So habe ich vieles über Straßen, Gassen und Plätze gelernt. Und das geht ins Blut.“ Podrecca meint, Plätze suggerierten ihm, was ihnen fehle. Bisher hat er 33 Plätze in acht Ländern entworfen. Mit 23 Jahren hat Podrecca die Architektur entdeckt. Er arbeitete bei berühmten Architekten und machte sich dann selbstständig. Bald kamen Gastprofessuren in Lausanne, Paris, London, Harvard, und Venedig. 1986 folgte die Berufung zum Professor an die Fakultät für Architektur in Stuttgart.

Jetzt sei aber die Zeit gekommen, das akademische Leben zu minimieren und sich mehr Zeit für sich und laufende Projekte zu nehmen, meint er. Sein nächstes großes Projekt ist die Gestaltung des Bahnhofsareals der Stadt Bozen. Gerade Bozen sei eine Stadt mit zwei Kulturen, die sich gewinnbringend überlappen: die italienische und die österreichische. „Ein Bozner weiß genau, was ein guter Wiener Strudel ist, aber er weiß auch, was Spaghetti al dente sind“, sagt Podrecca.

„Wie in der alten Monarchie“

Boris Podrecca ist jemand, der Wohnen und Arbeiten gern verknüpft. So lebt er in Wien selbst in einer Fabrik aus dem 19.Jahrhundert in Hernals, die seine Frau Gisela im Jahr 2002 renoviert hat. So wie sein Leben von verschiedenen Städten geprägt ist, so ist auch die Wohnung voll mit Büchern und Kunst aus verschiedenen Kulturkreisen. Simultan arbeitet er in Wien, Laibach, Zagreb, Belgrad, Padova und Limoges. „Wie in der alten Monarchie.“

(„Die Presse“, Print-Ausgabe, 12.10.2011)


Kommentieren Sie den Artikel





Weitere Artikel von Ida Labudovic