Discrimination sells: Sexismus dominiert Werbung

03.03.2014 | 13:19 | Tamara Tanasijevic

Im Wettrennen um die Aufmerksamkeit werden in der Werbung viel zu häufig ethisch fragwürdige Stilmittel eingesetzt. Zu den beliebtesten Tabus gehören sexistische und stereotypisierende Inhalte. Welche Konsequenzen sind daraus für die Gesellschaft zu erkennen?

Wien. Am 27.2. fand das Symposium „Discrimination sells?! Werbeethik und Werbekritik heute“ (M-MEDIA berichtete) am Institut für Publizistik und Kommunikationswissenschaft statt. Die Wirkungsweisen von Werbung und deren Bewertung wurden in äußert aufschlussreichen Vorträgen, Podiumsdiskussionen und Workshops erläutert.

Begrüßt wurden die interessierten TeilnehmerInnen von Jörg Matthes, dem neuesten Vorstands des Instituts, der einen kurzen Überblick zu den Inhalten des Symposiums bot. Im Anschluss übernahm eine prominente Vertreterin der Wiener Stadtpolitik, Stadträtin Sandra Frauenberger, das Wort. In ihrer Ansprache beschränkte sie sich auf die Problematik von sexistischen Werbeinhalten und formulierte ihr politisches Ziel ganz klar: Frauen sollen sicher, selbstbestimmt und unabhängig leben können und müssen vor Sexismus im öffentlichen Raum geschützt werden. Dazu beitragen soll u.a. ein Projekt der Rot-Grünen Koalition, die Wiener Werbewatchgroup.

Fortgesetzt wurde die Veranstaltung mit dem ersten Programmpunkt, dem Vortrag von Jörg Matthes. Unter dem Titel „Inhalte und Wirkungsweisen ethisch fragwürdiger Werbung: Ein Überblick“ wurden zwei Formen von Diskriminierung abgehandelt: Sexismus und Stereotypisierung von Frauen. Fungiert Werbung als ein Spiegel der Gesellschaft, deren Werte in anderen Bereichen erschaffen wurden oder ist Werbung der Verursacher, der gesellschaftliche Stereotype herstellt, prägt und perpetuiert? Dieser überaus kontroversiellen Frage versuchte man auf den Grund zu gehen. Mit Berücksichtigung der gesellschaftskritischen Perspektive, wurde die Tragweite von Werbung nach den Aspekten Aktivierung, Erinnerung und Einstellung analysiert.

Der zweite Vortragende, Ulli Weish, u.a. Lehrbeauftragte am Institut, äußerte ihren Wunsch nach einer feministisch positionierten Debatte und kritisierte in ihrem lebhaften Referat die Arbeit der Mainstreammedienforschung. Diese beurteilt die Bevölkerung als potentielle KonsumentInnen und nicht als selbstbestimmte BürgerInnen, so dass der gesamte öffentliche Raum zu einer kommerziellen Fläche verkommen ist. In diesem beanstandet Ulli Weish die Normalisierung von Softpornografisierung als ein weiteres Phänomen der Kommerzialisierung von „freier“ Sexualität.

Kati Förster stellte in ihrer Präsentation mitunter die Frage „Was machen wir mit Werbung?“ und thematisierte das aktive und partizipative Publikum. Die Werkzeuge der interaktiven, digitalen Technologien ermöglichen dem kritischen Rezipienten auf Werbung zu reagieren und diese gegebenfalls zu verändern. Als Beispiel dafür nannte sie die Reaktion der Bloggerin Jes Baker, die sich von einer Abercrombie & Fitch Kampagne diskriminiert fühlte und daraufhin mit dem abgewandelten Slogan „Attractive & Fat“ ein eigenes Werbebild gestaltete.

Nach diesen drei abwechslungsreichen Vorträgen wurde vom Moderator Wolfgang Wilhelm zur Podiumsdiskussion gebeten. Zum Thema „Werbetrends und Werbeethik im Spannungsfeld von KonsumentInnenkritik und Selbstregulation“ debattierten VertreterInnen des Österreichischen Werberats und der Werbewatchgroup sowie aus der Kreativbranche. Traude Kogoj, aktives Werbewatchgroupmitglied, betonte die Rolle ihrer Einrichtung als ein Instrument zur Selbstkontrolle. Die Werbewatchgroup ist als Ergänzung und Vertiefung zum Werberat, mit Spezialisierung auf die Themen Stereotypisierung und Sexismus, zu betrachten. Ein Gremium mit einem 60 prozentigen weiblichen ExpertInnenanteil entscheidet bei diskriminierenden Werbeinhalten nach 37 Kriterien. Dieter Pivrnec trat als Vertreter der Werbebranche auf und äußerte sich zur sozialen Verantwortung von Werbung. Nichtsdestotrotz soll die Arbeit der Kreativen mit Tabuthemen brechen und zum Nachdenken und kontroversiellen Diskussionen anregen. Esther Greussing vom Jungen Werberat forderte vor allem den Diskurs bei impliziten Sexualisierungen und in Bezug auf Männerdiskriminierung.

Doch wie ist mit diskriminierender Werbung nun umzugehen? Welche Gesellschaft wollen wir? Institutionen wie der Österreichische Werberat und die Werbewatchgroup mögen ihren Beitrag dazu leisten, doch ist auch hier noch Nachholbedarf zu erkennen. Im Bereich Diversität hat sich der Werberat nun entschlossen aktiver zu werden. Dennoch gestaltet es sich äußerst schwierig die vorherrschenden gewinnbringenden Werbestrategien zu durchbrechen. Eine Revolution von unten ist gefragt, der Mensch muss wieder mündiger und kaufbewusster werden. In diesem Sinne sind Aktionen wie die der Bloggerin Jes Baker und ähnliche sehr erfreulich und im großen Maße wünschenswert.


ein Kommentar

  • Angelina

    Ich finds zum Kotzen, wenn sie immer nur die perfekten Körper darstellen, als ob man als Frau mit Kurven und Kanten kein Anrecht mehr darauf hätte, geliebt zu werden. Wie sehen sie denn aus die Beziehungen mit den sogenannten Models? Eine Trennung nach der anderen. kann wohl nicht doch alles am äusseren liegen, wie? Geschrieben um 17. September 2015 um 09:34 Uhr Antworten

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