Hemayat: Ein Hafen für Gepeinigte

HIN­TER­GRUND:
  • Teil 12 der 16-tei­li­gen Por­t­rät­se­rie „Unsere Hände gegen Gewalt".
  • In Koope­ra­tion mit White Rib­bon Öster­reich, dem Ver­ein von Män­nern zur Prä­ven­tion von männ­li­cher Gewalt, hat M-MEDIA am 25.11.2012 (Beginn der 16 Tage gegen Gewalt an Frauen) eine Por­t­rät­se­rie  gestar­tet, in der wöchent­lich Por­träts von Män­nern mit Migra­ti­ons­hin­ter­grund, die moderne Männ­lich­kei­ten leben und Por­träts von migran­ti­schen Ver­ei­nen, die Bei­träge und Zugän­gen zu Gleich­be­rech­ti­gung und Gewalt­prä­ven­tion leis­ten,ver­öf­fent­licht wer­den.
  • Die Koope­ra­tion wird vom Bun­des­mi­nis­te­rium für Arbeit, Sozia­les und Kon­su­men­ten­schutz geför­dert

28.02.2013 | 15:01 | Hülya Tektas

Der gemeinnützige Verein Hemayat ist ein Zentrum für Folter- und Kriegsüberlebende und bietet Gewaltopfern seit 1995 medizinische, psychologische und psychotherapeutische Betreuung an. Teil 12 der 16-tei­li­gen Por­t­rät­se­rie „Unsere Hände gegen Gewalt“.

Die Länderstatistik von Hemayat gleicht dem Abbild der weltweiten Konfliktregionen. Das liegt schlichtweg daran, dass die Klienten aus den verschiedensten Ländern der Erde, in denen Konflikte, Kriege und Menschenrechtsverletzungen mitunter zum Alltag gehören, stammen. Die Menschen brauchen etwa ein bis eineinhalb Jahre, um aus diesen Regionen zu flüchten bzw. um in Österreich ankommen, sagt Geschäftsführerin Cecilia Heiss. Rund die Hälfte der Klienten, die letztes Jahr von Hemayat betreut worden sind, kam aus Tschetschenien. Am zweit- und dritthäufigsten wenden sich Menschen aus Afghanistan und dem Iran an die Betreuungsstelle.

Der im Jahr 1995 gegründeter Verein Hemayat hat seinen Namen aus einem Arabischen bzw. Persischen Wort. Es bedeutet „Betreuung“ und „Schutz“. In dem Betreuungszentrum für Folter – und Kriegsüberlebende wurden letztes Jahr etwa 700 Menschen aus 46 Ländern Hilfestellung geboten. Frauen machten etwa die Hälfte aus und 52 der 700 waren Minderjährige.

 

200 Menschen warten auf einen Therapieplatz

Die Folter- oder Kriegsüberlebenden haben oft einen langen, mühsamen und gefährlichen Weg hinter sich gebracht. Mit großen Erwartungen kommen sie nach Europa und hoffen auf mehr Menschenrechte. Die Realität jedoch sieht ganz anders aus. Sie erleben oftmals große Enttäuschungen, da die Behörden ihren Geschichten oft keinen Glauben schenken. Besonders heikel ist dabei, dass aus der Trauma- und Holocaustforschung hervorgeht, es der Psyche der Betroffenen mehr schadet, wenn ihre Erlebnisse in Frage gestellt werden, erklärt Heiss. Durch den Asylmissbrauchsdiskurs verliere die Öffentlichkeit aus den Augen worum es beim Asyl geht. Nämlich um Menschen, die aus Kriegs- oder Konfliktregionen um ihr Leben fürchten, flüchten, dabei Schreckliches durchgemacht haben und Hilfe und Schutz suchen.

Viele Klienten finden durch die Empfehlungen innerhalb der Communities den Weg zu Hemayat oder sie werden von anderen Einrichtungen auf die Leistungen von Hemayat aufmerksam gemacht. Bei Hemayat stehen ihnen eine medizinische sowie psychotherapeutische Betreuung mit Dolmetscher zur Verfügung. Hemayat kann allerdings nur eine begrenzte Anzahl von Therapieplätzen anbieten. Auf der aktuellen Warteliste stehen bereits rund 200 Menschen. 

Vergewaltigung ist Folter

Neben Siroos Mirzaei, Mitgründer von Hemayat, ist Erwin Klasek der zweite Mann im Hemayat-Team. Aufgrund des österreichischen Psychotherapiegesetzes konnte Klasek, der früher als Techniker gearbeitet hat, auch ohne ein Studium Psychotherapeut werden. Da alle seine Vorfahren aus Tschechien kommen, sieht sich Klasek als ein Migrant, obwohl er in Österreich geboren wurde und aufwachsen ist. Der langjährige Therapeut ist mit den Problemen von Gewaltopfern vertraut. Klasek betreut insgesamt acht Klienten. Drei Frauen davon versuchen gemeinsam mit Klasek die Folgen einer Vergewaltigung zu bewältigen. Er hilft ihnen dabei das Trauma der Vergewaltigung und der Folter zu überwinden. Denn „Vergewaltigung ist Folter“, sagt Klasek. Dazu kommt, dass Klasek den Frauen, die oft aus archaischen Gesellschaften kommen, hilft von dem Gefühl wegzukommen, dass sie wegden der erlebten Vergewaltigung „beschmutzt und nichts mehr wert“ sind. Eine Aufgabe, die viel Einfühlungsvermögen braucht.

Einige seiner KlientInnen beschreiben Symptome wie Lärmempfindlichkeit und Gereiztheit. So schildern jene Menschen, die vor einer Folterung, vor einem Krieg oder vor einer Vergewaltigung friedliche Menschen waren, dass sie manchmal zu Gewaltausbrüchen neigen und sich selbst nicht mehr erkennen. Die Bewältigung von posttraumatischen Belastungsstörungen sowie erlangen der Widerstandsfähigkeit gegen Gewalt gehört zu den Aufgaben der Psychotherapeuten. Denn dass Menschen, die Gewalt erleiden mussten, ihre Probleme bewältigen lernen und nicht selbst gewalttätig werden, ist ein erklärtes Ziel.


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