Wien: Muslimin im AKH beschimpft und angespuckt
12.12.2014 | 16:06 | Nermin Ismail
Studentin Dina Mohammed wird in Wien von einer unbekannten Frau mehrmals angespuckt. Die Passanten zeigen keine Zivilcourage. Sie ist so mutig, dass sie die Spuckerin mit ihrer Kamera verfolgt und verfilmt. Im Interview mit Nermin Ismail erzählt sie von einem eigenartigen Vorfall und von der Unzuverlässigkeit der Polizei.
Wien – Die rassistischen Angriffe auf Musliminnen nehmen in letzter Zeit zu. In Wien erlitt am 7. Dezember eine muslimische Frau einen Lendenbruch nach einem physischen Angriff in einer Bank. Muslime sorgen sich, vor allem um eine Gesellschaft, in der Ungerechtigkeiten hingenommen werden. Am Tag danach, um circa 17.30 Uhr, endete ein gewöhnlicher Lerntag für Dina Mohamed mit einem herabwürdigenden Angriff im Allgemeinen Krankenhaus (AKH). Die 21-jährige studiert an der Universität für Bodenkultur in Wien.
M-MEDIA: Sie wurden von einer Frau in einem öffentlichen Gebäude mehrmals angespuckt. Wie ist es passiert?
Dina Mohammed: Ich habe nach dem Lernen im Lesesaal des AKH eine kurze Pause gemacht, habe gegessen und etwas gelesen. Auf der Bank neben mir saßen eine ältere Dame und ein Herr, die sich unterhalten haben. Ich habe einzelne Wörter gehört wie „mehrere“, „Freiheitskämpfer“, „Arschlöcher“. Ich habe aber lange nicht gemerkt, dass sie mich damit indirekt gemeint haben. Ich habe sie auch einmal angeschaut als sie geschimpft hat, aber sie haben mich beide nicht angeschaut und ich dachte sie reden über ein politisches Thema, das sie so sehr aufregt. Als der Herr weggegangen ist, hat sie weiter herumgeschimpft und ich habe noch immer nicht mitbekommen, dass sie mich die ganze Zeit damit gemeint hat. Ich wollte meine Sachen zusammenpacken und gehen. Plötzlich stand die Frau vor mir, bevor ich noch raufschauen konnte, spürte ich ihre Spucke auf meinem Gesicht .
Was haben Sie dann gemacht?
Ich war zuerst geschockt und habe zuerst gar nicht reagiert. Als ich dann realisiert habe, was passiert ist und verstanden hab, dass es im Gespräch eigentlich die ganze Zeit um mich ging, habe ich mein Handy geschnappt, bin der Frau nachgerannt und hab sie dann schließlich gefilmt. Ich dachte mir, dass ich sie somit anzeigen kann und das habe ich ihr auch gesagt. Sie hat trotzdem weitergemacht und mich als „Terroristenscheißer, mit einer Bombe in einer Tasche“ beschimpft.
Was genau hat die Dame denn noch gesagt?
„Terrotistenscheißer“ „versteckte Terroristin“ „Du hast eine Bombe in der Tasche“ „Demokratiezerstörer“ . Das hat sie mindestens zwei Minuten durch das ganze AKH immer wieder wiederholt.
Warum kommt jemand, der Sie gar nicht kennt, auf solche Gedanken? Haben Sie eine Erklärung dafür?
Es gibt heutzutage viele Vorurteile gegenüber dem Islam und Medien spielen hier eine große Rolle, aber eine Erklärung für das Spucken und das Schimpfen habe ich nicht, denn das ist einfach nur niveaulos. Sie hätte gerne mit mir diskutieren können, aber dass ein Mensch einfach nur spuckt , schimpft und wieder geht zeigt mir, dass diese Person eine schwache Position hat und einfach feige ist.
Gab es Reaktionen von Passanten?
Nein es gab keine einzige Reaktion, obwohl dort sehr viel los war. Manche sind gleich gegangen und die meisten haben, wie immer, einfach nur geschaut und als die „Show“ zu Ende war, haben sich alle wieder umgedreht und sind gegangen, so als wäre gar nichts. Sogar als mich die Frau vor dieser ganzen Masse ein weiteres Mal angespuckt hat, hat niemand reagiert. Und das ist eigentlich das, was mir Angst macht. Dass es dumme Menschen gibt, ist mittlerweile ganz normal geworden aber, dass für die meisten das Wort Zivilcourage ein Fremdwort ist, macht mir Angst. Diesmal war die Situation einigermaßen harmlos, aber ich denke mir, was wenn diese Frau mich geschlagen hätte? Dann gäbe es wahrscheinlich auch keine Reaktion. Vor ein paar Tagen wurde ja auch eine muslimische Frau in einer Bank zusammengeschlagen, bis sie einen Wirbelbruch erleiden musste.
Haben Sie das Gefühl, dass diese Vorurteile, die in Angriffen wie diesen ihren Ausdruck finden, mehr geworden sind? Was könnten die Gründe dafür sein?
Verbale Angriffe auf Musliminnen gab es eigentlich schon immer, aber nicht in diesem Ausmaß wie heute. Es gab auch vereinzelte physische Angriffe aber in den letzten Monaten haben sie leider stark zugenommen. Die Medien spielen hier sicherlich eine wichtige Rolle. Ich spreche vor allem von den Boulevardblättern, die mit Ängsten spielen und Hass schüren. Es wird sehr oft verallgemeinert, und Falschinformationen verbreitet. Ich habe außerdem das Gefühl, dass viele dieser Menschen keine Angst vor den Konsequenzen haben, weil es meistens auch gar keine Konsequenzen gibt. Als ich diese Frau anzeigen wollte, sagte man mir, dass eine Anzeige gegen eine „unbekannte Person“ nicht viel helfen wird, auch wenn man sie auf dem Video sieht (Gesicht der Täterin wurde unnennbar gemacht). Und wenn es keine Konsequenzen gibt, wird man das wiederholen. Ich bin mir sicher,ich bin nicht die erste und werde wahrscheinlich auch nicht die letzte sein, die sie beschimpft bzw. angespuckt hat. Ich habe ihr gesagt, dass ich sie anzeigen werde und sie hat gesehen, dass ich sie filme, trotzdem hat sie mich ein zweites Mal angespuckt.
Was haben Polizisten denn genau gesagt?
Ich habe zuerst die Polizei angerufen und sie haben mir gesagt, wenn ich „nur“ angespuckt und beschimpft wurde, soll ich zur Bezirkspolizei gehen. Falls sie mich aber schlägt, kann ich sie wieder anrufen. Das habe ich dann auch gemacht. Dort wurde mir gesagt, dass eine Anzeige gegen eine unbekannte Person nicht viel bringen würde. Als ich ihnen das Video gezeigt habe, haben sie gesagt, dass mir das auch nichts bringt, ich bräuchte ihren Namen.
Denken Sie, dass sich die Richtlinien der Polizisten der Realität anpassen müssten? Haben Sie von anderen ähnlichen Fällen gehört?
Ja, auf jeden Fall! Ich habe ihn auch gefragt was ich machen sollte, falls einem wieder so etwas passiert, denn schließlich darf man ja diese Person auch nicht wirklich festhalten. Die einzige Option wäre der Person zu folgen bzw. hinterherzulaufen, bis die Polizei kommt, wenn sie überhaupt kommen würde bei so einem Angriff. Da frage ich mich ob das überhaupt realistisch ist . Ich habe es mal „live“ erlebt wie ein Mann in der Straßenbahn ein Mädchen ebenfalls beschimpft hatte, weil sie Muslimin ist. Ein einziger ist aufgestanden und hat versucht das Mädchen in Schutz zu nehmen. Kurz bevor die Straßenbahn stehen geblieben ist, hat dieser Mann dann ein Pfefferspray genommen und ihr ins Gesicht gesprayt. Die Menschen rundherum wurden ebenfalls verletzt. Er konnte aber entkommen. Da sieht man wie gefährlich solche Menschen sein können.
Was haben Sie denn gemacht, nachdem die Frau Sie anspuckte?
Als ich das erste Mal angespuckt wurde, war eine ältere Dame auch etwas geschockt, als ich zurückgekommen bin nach dem Filmen, hat sie gesehen, dass ich voll fertig war und hat mich dann gefragt warum sie das gemacht hat und was sie gesagt hat, weil sie sie nicht ganz verstanden hat. Ich hab ihr das erzählt und sie hat mir dann gesagt, dass ich nicht traurig sein soll und dass sie einfach nur dumm ist. Ich hab ihr dann gesagt, dass Menschen wie sie mir noch Hoffnung geben und hab mich bei ihr bedankt.
Wie haben Sie dieses Erlebnis empfunden?
Dieses Spucken ist einfach eine Herabwürdigung. Vor allem, wenn dir jemand ins Gesicht spuckt. Ich wurde schon ein paar Mal verbal angegriffen, aber das habe ich meistens ins Lächerliche gezogen und kann mittlerweile gut damit umgehen. Aber das Anspucken, vor allem auch in der Öffentlichkeit, das hat mich etwas belastet. Und dass sich niemand eingemischt hat, hat mich noch mehr fertig gemacht. Ich kann nicht beschreiben, wie ich mich gefühlt habe; es war eine Mischung aus Enttäuschung, Wut und Trauer.
Es ist sehr schwer in solchen Situationen „richtig“ zu handeln. Ich habe mich sehr stark kontrollieren müssen, um sie nicht genauso zu beschimpfen, das wäre ja viel einfacher gewesen. Ich habe das aber nicht gemacht, weil das meiner Moral, meinen Werten und meinem Niveau nicht entspricht. Ich weiß nicht, wie man handeln soll in so einer Situation und wenn mir das nochmal passieren sollte, dann wüsste ich noch immer nicht, was man machen soll. Was mich eben sehr wütend gemacht hat, ist, dass es laut Polizei keine Konsequenzen für sie geben kann. Heißt das, dass die Herabwürdigung und Beleidigung religiöser Minderheiten bei uns in Österreich akzeptiert wird? Wahrscheinlich schon. Vielleicht hat sie heute die Nächste angespuckt, wer weiß? Der Hass gegenüber Muslimen in Österreich ist leider immer mehr Alltag geworden, das ist die Realität. Politiker und Medien sollen endlich aufhören, Muslime ständig unter Verdacht zu stellen und zu verallgemeinern. Wir müssen endlich lernen, miteinander zu reden, einander zuzuhören. Ich diskutiere sehr gerne und höre mir andere Meinungen an, aber das Problem ist, dass einige einfach von Muslimen irgendetwas denken, über sie sprechen, anstatt ihnen zuzuhören. Solange wir nicht aufeinander zugehen, wird es immer Hass, Missverständnisse und Vorurteile geben.
Danke für das Interview.
Danke auch.
ein Kommentar
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Tom
Leute 1933 hat es auch so angfangen. wenn die Angriffe zu nehmen wird man sich wehren wenn der Staatsapperat nichts tut. Voher was das Judentum angegriffen woden und jetzt der Islam und schuld sind die schmutzigen Medien. Die Politiker schränken die Religionen naoch dazu ein. wenn Polizei un der Staat nur zuschauen wird igendwann ein Bürgerkieg ausbechen. Die Medien schüren gezielt den Hass in dem Fall sind es eben die Muslime. die gössten schuldigen sind die Zuschauer. Österreich soll sich schämen Jeder Mensch ist wertvoll. die gössten schuldigen sind die Zuschauer. Österreich soll sich schämen Geschrieben um 14. Dezember 2014 um 13:26 Uhr