Yüksel Yilmaz: „Im Kampf David gegen Goliath werde ich nicht aufgeben“

02.07.2014 | 9:23 | Nermin Ismail

In Teil 1 unseres Interviews mit Yüksel Yilmaz erzählt der ehemalige Zugbegleiter der ÖBB von den diskriminiereden Umständen und Vorfällen, die zu seiner fristlosen Kündigung geführt haben. Seit mittlerweile einem Jahr fechtet er nun diese Ungerechtigkeit an, am 4. Juli findet die nächste öffentliche Verhandlung im Fall David gegen Goliath statt. Ein Interview von Nermin Ismail. Teil 2:

Wie gingen ihre KollegInnen mit Ihnen nach diesem Fall um?

Interessanterweise wussten die Kollegen über meine Meldungen an meine Vorgesetzten Bescheid. Die Folgen waren aber nur noch mehr rassistische und ausländerfeindliche Parolen aus der Kollegenschaft mir gegenüber.
Mir ging es dadurch nicht gut, ich hatte Angst vor Repressalien. Sie versuchten mich offen oder hinter dem Rücken fertig zu machen und mich aus dem Unternehmen zu drängen, wo ich angefangen habe über die rassistischen Äußerungen und rechtsradikale Beschmierungen zu berichten. Ich musste mich in den Krankenstand begeben. Während meines Krankenstandes erhielt ich vorerst das Kündigungsschreiben‎. Bald darauf folgte die fristlose Entlassung. Beides ohne Begründung postalisch zugestellt.

Ihr Anwalt Ingo Riss brachte eine Motivklage beim Arbeits- und Sozialgericht in Wien ein. Gibt es etwas Neues im Verfahren? ‎Wie könnte es ausgehen?

Die ÖBB hat gegenüber mir 20 Zeugen aufgestellt. Die ersten 14 sind in ihren Abteilungen sogenannte Verantwortliche, sogenannte Chefs oder Leiter. Das Ziel kann sein, dass es beabsichtigt ist, die Verhandlung taktisch zu verzögern durch die lang andauernde Zeugeneinvernahme. Es kann beabsichtigt sein, dass ich in dieser Zeit meine Kraft verliere, aufgebe und resigniere.
Die nächste öffentliche Verhandlung wird am 04.07.2014 ab 09:00 bis 15:00 Uhr vorm Arbeits- und Sozialgericht 1080 Wien-Wickenburggasse8- Saal I,  stattfinden.

Wie betrachten Sie diesen Vorfall?

Das will ich gerne noch erwähnen, es gab für die ÖBB keinen zwingenden Grund und keine Notwendigkeit mich zu kündigen. Ich habe nie etwas falsch gemacht oder mir etwas zuschulden kommen lassen, was etwa dem Unternehmen geschadet hätte und es gab gegen mich auch keine Kundenbeschwerden. Ich machte meinen Dienst laut Arbeitsstatistik sogar besser als mindestens die Hälfte der ÖBB-Kollegen, die ebenfalls als Zugbegleiter tätig sind. Ebenso gab es auch keine Belehrungen und Ermahnungen seitens meiner Vorgesetzten. Ich habe meine Arbeit geliebt und ich bin sogar immer mit der ÖBB-Uniform wieder nach Hause gefahren, weil ich mich damit gerne identifiziert habe. Ich habe meinen Job einfach geliebt.‎

Ich wurde vom Unternehmen deswegen entfernt, um die restliche Belegschaft mit der entgegengesetzten Meinung zu befriedigen. Wenn ich die rassistischen und diskriminierenden Umstände im Unternehmen nicht gemeldet hätte, diesen nicht nachgegangen wäre, und wenn ich nicht einen türkischen Migrationshintergrund hätte, wäre ich wohl noch immer als Zugbegleiter tätig!?
Wenn diese Missstände ein ethnischer Österreicher gemeldet hätte, wäre er womöglich höchstens nur ermahnt worden, oder maximal nur in einen anderen, einen unteren Dienstplan zugeteilt worden.

Wie bereits schon erwähnt, ich habe meinen Job stets geliebt und sehr verinnerlicht und war ständig bestrebt diesen sehr menschlich und qualitativ auszuüben. Dazu gehört es auch die Menschenwürde und die Rechte stets zu schützen. Das habe ich stets getan. Andere fühlten sich dadurch gestört und haben mich zum Außenseiter deklariert, nur weil ich diesem grauslichen Spiel ein Ende setzen wollte. Als Mensch und Teil einer Gesellschaft bin ich dazu verpflichtet! Sowie jeder anderer Mitmensch auch.

Während ich in meinem Leben die Würde des Menschen und die Ethik zu den Menschen aufrecht erhalten möchte, handeln diejenigen, welche sich ständig mit den Menschenrechten (nur) schmücken oder diese nur für sich beanspruchen wollen, aber anderen nicht zugestehen möchten, genau gegenteilig und sehr verletzend. ‎Zudem genau solche unreflektierten Leute „Integration“ als das gesellschaftliche Allheilmittel in den Mund nehmen und diese vielmals am Tag mit einer negativen Konnotation einem mit großer Lust als eine Never-Ending-Story ins Gesicht klatschen.

Sie haben einige Beweismittel wie Fotos und Telefonprotokolle. Die Gleichstellungsbeauftragte der ÖBB meinte Ihre Vorwürfe wurden überprüft und man hätte in den Personalräumen keine Schmierereien gefunden. Wie kann das sein?

Laut manchen Kollegen, mit denen ich noch im Kontakt bin, wurde mir mitgeteilt, dass sie damals mit der Großreinigung und der Entfernung dieser Schmierereien angefangen haben. Warum wurde ich nie an diese ÖBB Gleichstellungsbeauftragte hingewiesen oder von ihr kontaktiert!‎? Warum haben wir nicht gemeinsam diese Schmierereien begutachtet? Warum hat man die Sache geheim vertuschen wollen?

Wollen Sie weiterhin für ihr Recht kämpfen?

Ich habe als Mensch alles zur Sprache gebracht, weil ich glaube, dass sowohl die Österreicher, als auch alle Ausländer ein Recht darauf haben dies zu erfahren. Ich wollte ja zuerst nur die Arbeitssituation qualitativ und ethisch verbessern im Sinne des Teams und aller Kollegen in unserem Gebiet. Ich hatte hier an die Interessen der Kunden und die der ÖBB gedacht.‎
Ich möchte die Sache bis zum Ende durchkämpfen und werde niemals aufgeben. Ein Mensch, der nichts mehr zu verlieren hat, wird im Sinne der Gerechtigkeit nicht aufgeben. Das ist ein Kampf von David gegen Goliath. Erinnern Sie sich, wer gewonnen hat. Es betrifft ja nicht nur mich, sondern viele Menschen in Österreich. Ich sehe das als ein Präzedenzfall. So etwas darf es in einem demokratischen Land und noch dazu in einem staatlichen Unternehmen nicht geben!


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