Kunst gegen Vergessen: Grauen in grellen Farben

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15.10.2008 | 10:44 | Duygu Özkan

Wie Adolf Frankl den Holocaust verarbeitet hat.

WIEN. „B14395“. Mit dieser Tätowierung wurde Adolf Frankl namenlos – wie alle anderen Deportierten im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau. Mit der Hilfe vieler Mithäftlinge hat Frankl den Holocaust überlebt.

Der in Bratislava geborene Künstler und seine Familie wurden im September 1944 heimgesucht. Seine Frau und Kinder konnten unter dem Vorwand, Arier zu sein, fliehen. Er selbst wurde zunächst ins Sammellager Sered deportiert, wo er Zwangsarbeit leisten musste.

Bei Schwäche erschossen

Die Behauptung, sogenannter „Mischehepartner“ zu sein, konnte seine Deportation nach Auschwitz lediglich verzögern, nicht verhindern. „Die Reise in eine schreckliche Ungewissheit begann.“ Frankl erinnerte sich später, dass die Sehnsucht, seine Familie wiederzusehen, ihm Kraft gab, zu überleben.

Bei seiner Ankunft in Auschwitz waren die Vergasungen eingestellt, doch die Häftlinge mussten weiterhin Zwangsarbeit leisten, viele wurden bei Schwächeanfällen erschossen.

Kurz vor der Befreiung des Konzentrationslagers wurden die Häftlinge, unter ihnen Frankl, zum Todesmarsch Richtung Deutschland geschickt. Die meisten wurden ermordet. Frankl konnte fliehen, begab sich in das Außenlager Stara Kuzina und versteckte sich in der Typhusbaracke, wo er schließlich 1945 von Soldaten der Roten Armee befreit wurde.

Seine Bilder reflektieren das Erlebte und zeigen Ausschnitte aus dem Grauen des Lebens als KZ-Häftling. Auch nach der Befreiung, dem Zusammenkommen mit der Familie und dem Umzug nach Wien verfolgten ihn die unzähligen, leidgeplagten Gesichter.

Im expressionistischen Stil verarbeitet Frankl die Erlebnisse des Grauens in grellen Farben. Im Mittelpunkt stehen ausgemergelte Körper, Stacheldrähte, Szenen aus dem täglichen Kampf ums Überleben. Sein Ziel war, mit den Werken ein Mahnmal gegen das Vergessen zu bewirken: „Die Geister kriechen langsam aus der Finsternis hervor. Es wird unerträglich.“

Frankls Bilder sind in der Galerie „artforum – Kunst gegen das Vergessen“ zu besichtigen; montags bis freitags von 11 bis 18 Uhr, an Wochenenden und Feiertagen ab 13 Uhr.

(DUYGU ÖZKAN, „Die Presse“, Print-Ausgabe, 15.10.2008)


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