Buchrezension: Wohnen in Zusammenhang mit Migration und Integration

INFOBOX:
  • Migrationsmanagement Band 2: Wohnen
  • Herausgeber: Biffl, Gudrun / Dimmel, Nikolaus
  • Verlag: omnium
  • Erschienen: 2016
  • Preis: 46,10€
  • ISBN: 978-3-99031-018-2

25.07.2016 | 9:36 | Konstantin Auer

Die Neuerscheinung des Buches „Migrationsmanagement 2“, herausgegeben von Gudrun Biffl und Nikolaus Dimmel, beschäftigt sich mit dem Thema Wohnen in Zusammenhang mit Migration und Integration. Dabei kommen leider nur wenige MigrantInnen selbst zu Wort. Außerdem ist das Konzept des „Migrationsmanagements“ umstritten.

Das 355 Seiten umfassende Werk geht den Fragen nach, wie Migranten in Österreich wohnen und welche Herausforderungen es für Wohnungswirtschaft, Hausverwaltungen, Gemeinden, Politik und Nachbarschaft gibt. Praxisbeispiele werden wissenschaftlich aufgearbeitet und Methoden, Projekte, Aktionen, mit welchen Integration gelingen kann, aufgezeigt. Auch Beispiele aus anderen Ländern werden erläutert.

Gudrun Biffl ist Leiterin des Departements für Migration und Globalisierung an der Donauuniversität Krems und Konsulentin der OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) und Nikolaus Dimmel Rechtssoziologe und Politikwissenschaftler an der Universität Salzburg. Er ist Experte für Sozialpolitik in Österreich und leitet den Universitätslehrgang für Migrationsmanagement. Für das Werk wurden zahlreiche Beiträge zu dem Thema von 37 verschiedenen WissenschaftlerInnen, die auf diesem Gebiet forschen, zusammengetragen. Es werden verschiedene österreichische Gemeinden, Städte und Bundesländer, aber auch Erfahrungen und Trends aus Asien, Amerika, Afrika und Europa nach gelungener Integration und Konfliktfeldern durchleuchtet. Es kommen Vereine, Ämter, Behörden, WissenschaftlerInnen, ArchitektenInnen, DolmetscherInnen, SozialarbeiterInnen und KünstlerInnen zu Wort. Das Buch beginnt mit den „GastarbeiterInnen“ in den 60ern, die aktuelle Füchtlingssituation konnte noch nicht berücksichtigt werden.

Neben Wohnbaupolitik, Wohnverhältnissen und rechtlichen Aspekten, werden auch Themen wie Urbanisierung, Globalisierung und Klimawandel erläutert. Ganz wie es sich in der Wissenschaft gehört, werden zunächst rechtliche Grundlagen in der Wohnungspolitik in Österreich sowie über die Bevölkerungsentwicklung dargestellt. Dann wird  auf kulturelle Unterschiede  zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen in Österreich in Bezug auf ihre Vorstellungen vom Wohnen eingegangen. Unterschiedliche theoretische Herangehensweisen werden aufgezeigt und Tipps von Initiativen und Vereinen auch aus anderen Ländern dargestellt.

Ungleichheit bei Wohnungsgrößen

Eine wichtige Erkenntnis scheint zu sein, dass man sich von Begrifflichkeiten wie ‚Parallelgesellschaften‘ und ‚Ausländerghettos‘ fernhalten sollte. Denn die Wiener Bezirke, wo die internationale Community residiert, aber auch Plätze rundum Attersee und Wörthersee sowie in Kitzbühel sind damit nicht gemeint. Aber auch die sogenannten Bobo-Bezirke mit ihrer „Multi-Kulti-Attitüde“ gehören nicht zu den problematisierten „Ghettos“. Erst bei sozialen Brennpunkten wird der Begriff verwendet und vor allem von Rechtspopulisten mit ‚Ausländern‘ verknüpft. Auch am Wohnungsmarkt ist die Benachteiligung nicht gegenüber allen MigrantInnen gleich: Die Wohnungen von Personen mit Migrationshintergrund sind um ein Drittel kleiner als der Durchschnitt, wobei aber EU-BürgerInnen über mehr Wohnfläche als ÖsterreicherInnen verfügen. Benachteiligt werden vor allem MigrantInnen aus dem ehemaligen Jugoslawien und der Türkei.

Umstrittener Begriff: „Migrationsmanagement“

Das Buch ist also perfekt für jemanden, der sich auf wissenschaftlicher Ebene mit dem Thema Wohnen und Migration auseinandersetzen will. Ein guter Überblick mit vielen Fakten und Daten wird gegeben und sicher auch interessante Ideen für Verbesserungen vorgeschlagen. Zu kritisieren bleibt nur, dass scheinbar wenig Platz blieb, um MigrantInnen selbst zu Wort kommen zu lassen. Aber auch die Verwendung des Begriffes „Migrationsmanagement“ schon im Titel ist problematisch. Steht dies doch, laut dem deutschen Politikwissenschaftler Fabian Georgi (Kritik des Migrationsmanagements: 2009) für ein Konzept, das die ökonomische Nützlichkeit von Migration über die individuellen Rechte und Wünsche von Flüchtlingen und MigrantInnen stellt.


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