Wie eine Belgraderin das Lachen von Mozart hört

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19.06.2008 | 18:27 | Yordanka Hristozova-Weiss

Eine Serbin kommt im Kindesalter nach Wien und startet von hier aus ihre Karriere als Pianistin.

WIEN. Natasa Veljkovic verliebte sich schon früh in die Musik von Mozart. Als 14-Jährige inskribierte sie erstmals als Studentin an der Universität für Musik und darstellende Kunst in Wien. Mit 19 hat die gebürtige Belgraderin ihr Studium beendet. Mit 24 begann sie dann auf eben dieser Hochschule zu unterrichten.

Der Serbin ist es gelungen, sich in Österreich zu etablieren. Die Pianistin bringt Konzerte, CD-Aufnahmen, zwei Professuren, in Wien und Ostrava, Tschechien und Familie mit zwei Kindern perfekt unter einen Hut.

„Vor 26 Jahren bin ich mit meiner Großmutter nach Wien gekommen“, schildert sie die ersten Schritte in Österreich. „Ich habe die Sprache nicht gekonnt. Es war ein kultureller Schock. Ich musste alles aufsaugen. Aber wenn man jung ist, fällt dies nicht so schwer“, so Veljkovic. Die fehlenden Sprachkenntnisse haben das soziale Leben eingeschränkt: „Es war ein Problem. Ich war isoliert“, verrät die Pianistin. Dazu kam noch: Sie war die Jüngste an der Universität und hat ihre Augen schwarz geschminkt, um einen seriöseren Eindruck zu erzielen.

Sie genießt die Einsamkeit

„Mit meiner Großmutter habe ich auf Serbisch gesprochen. Trotzdem habe ich mich einsam gefühlt. Mit den Jahren habe ich gelernt, dass diese Einsamkeit uns das ganze Leben begleitet. Jetzt genieße ich sie“, so Veljkovic. Und Mozart? „Er war meine Liebe. Mozart lacht in seiner Musik und gleichzeitig schildert er ein großes Drama.“ Sie hat das Lachen des Komponisten ziemlich früh gehört. Vielleicht auch deshalb, weil „es leichter verständlich für Kinder ist“. Die Eltern von Natasa Veljkovic sind keine professionellen Musiker, aber in deren Belgrader Haus stand immerhin ein Klavier. Und so begann Natasa, als Vierjährige auf ihm zu spielen. „Ich habe mit dem Instrument als Kinderspiel angefangen. Dann hat man festgestellt, dass ich Gehör und Talent habe.“ Sie konnte schnell nachspielen, was man ihr vorgespielt hat. Mit zehn hat sie drei bis vier Stunden täglich geübt – freiwillig: „Ich war fasziniert vom Klavierspielen, war fast fanatisch.“

Seitdem begleitet sie die Musik überall: „In diesem Beruf muss man sich vertiefen. Die Beschäftigung mit der Außenwelt überlasse ich fast dem Zufall.“

1985 wurde für sie zum musikalisch bisher wichtigsten Jahr: Sie gewann den nach der rumänisch-schweizerischen Pianistin benannten Clara Haskil-Wettbewerb. Seither stehen ihr die Türen aller Konzertsäle Europas offen. Die Serbin musste keine Nebenjobs annehmen, um ihr Studium zu finanzieren. Wohl auch deshalb, weil sie die Unterstützung ihrer Eltern hatte: „Sie haben sich aufgeopfert – die Finanzierung ging irgendwie.“

„Hoffe, dass Wien mich liebt“

Nach Wien absolvierte sie weiterführende Studien an der Juilliard School in New York und am Genfer Konservatorium. Danach kehrte sie nach Österreich zurück. „Ich liebe Wien und ich hoffe, dass Wien mich auch liebt.“ Natasa schätzt die Bundeshauptstadt sehr: als Musikmetropole, in der man aber ruhig arbeiten könne.

„Als Homo Musicus“, meint die Pianistin, „ist es wichtig, zur Idee des Komponisten durchzudringen, um die entsprechenden Klangbilder darstellen zu können.“ Fingerfertigkeit und Tastenakrobatik sollten nicht im Vordergrund stehen.

(YORDANKA HRISTOZOVA-WEISS, „Die Presse“, Print-Ausgabe, 19.06.2008)


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