Medienlandschaft: Weiß, männlich, Innenpolitik

09.07.2013 | 11:05 | Sarah Farukuoye

„Sichern öffentlich-rechtliche Medien Qualitätsjournalismus?“ – Dieser Frage gingen MedienmacherInnen kürzlich bei einem Symposium der Wiener Zeitung auf den Grund.  Eine Diskussionsrunde widmete sich auch der Rolle von Diversity und Emanzipation in den Redaktionen. 

Am 4. Juli feierte die Wiener Zeitung im Media Quarter ihren 310. Geburtstag und lud zu einem Symposium mit dem Titel „Sichern öffentlich-rechtliche Medien Qualitäts-Journalismus?“ Fritz Hausjell, Kommunikationswissenschaftler an der Uni Wien stellte eine Ergebnisse eines Forschungsseminars des Institutes für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft vor, das sich mit der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft der Wiener Zeitung beschäftigt. Bei dem Symposium wurden Themen wie Public Value und Unabhängigkeit im Journalismus nicht ausgespart.

Auch das Thema Diversity kam nicht zu kurz. Unter dem Titel „Diversity“:„Bringen Emanzipation und Multikulti auch mehr Vielfalt in die Medien?“, diskutierte eine ExpertInnenrunde, bestehend aus Clara Akinyosoye, Chefredakteurin von M-MEDIA, Mercedes Echerer, Schauspielerin und Integrationsaktivistin, Özlem Topçu, Mitautorin von „Wir neue Deutsche“ und „Die Zeit“ Redakteurin, ebenso wie Daniela Kraus Geschäftsführerin von fjum und Bettina Roither-Epp Programmchefin von Ö1  und Horst Pöttker, von der TU Dortmund, der das Panel mit einer Keynote einleitete.

Nachrichtenwert: Negativität

Bezugnehmend auf die Frage der Integration von Menschen mit Migrationshintergrund, wies Pöttker darauf hin, dass negative Stereotype zu Ablehnung und Verkapselung auf beiden Seiten führen würde. Assimilation bzw. kulturelle Homogenität sei allerdings nicht das Ziel ist. Vielmehr ginge es darum in allgemein gültigen Werten, wie z.B. den Menschenrechten, übereinzustimmen. Fakt sei aber, dass Menschen mit Migrationshintergrund überwiegend über negative Stereotype in den Medien dargestellt würden, sagt Pöttker. 

Festzuhalten sei aber auch, dass Negativität ein Nachrichtenwertfaktor ist, der in den Medien überwiegend vorkommt. Also sei es auch diesem Zustand anzurechnen, dass über MigrantInnen oft negativ berichtet werde. Daniela Kraus vom fjum merkt an, dass eine Studie besagt, dass von 500 befragten österreichischen JournalistInnen nur 15 Prozent wissen, dass es Vorschriften für die Berichterstattung über MigrantInnen gibt.

Weiß, männlich, Innenpolitik

Der typische Politikjournalist in Deutschland und Österreich sei Mitte Vierzig, ein weißer Familienvater mit Hund und Auto, kritisiert  Özlem Topçu. Es bestehe schlichtweg die Gefahr der „Verspießung“. Österreichs Journalismus sollte die Vielfältigkeit des Landes wiederspiegeln und sich für mehr Diversität in den Redaktionen einsetzen.  „Für mich waren Kinder die nur eine Sprache konnten ein Armutszeugnis“, erzählt Mercedes Echerer aus ihrer Kindheit und macht damit deutlich, dass Migration auch aus einer anderen Perspektive wahrgenommen werden kann.

Dem kann Topçu beipflichten. „Wir Kinder von Ausländern haben eine zweite Identität, die wir nicht ablegen und aufgeben wollen.“ So hat sie, zusammen mit ihren Mitautorinnen, bei der Titelfindung ihres Buches, „Wir neue Deutsche“, nicht impliziert besser oder innovativer als andere Deutsche zu sein, sondern auf den Identitätsaspekt anzuspielen.

Pöttker erklärt sich den Mangel an JournalistInnen mit Migrationshintergrund dadurch, dass Medienhäuser sich vor „möglichen sprachlichen Schwächen“ von Menschen mit Migrationshintergrund fürchten. Darüber hinaus „fokussieren sie überwiegend auf die plausiblen negativen Aspekte der jeweiligen Personen.“ Andererseits hätten MigrantInnen- Familien oft den Wunsch, dass ihre Kinder existenzsichernde Tätigkeiten ausüben. Berufe wie Arzt und Ingenieur werden eher angestrebt, fügt ein Zuhörer aus dem Publikum hinzu.

Kraus wirft die Überlegung in den Raum, dass eine finanzielle Sicherheit von seiten der Eltern gegeben sein muss, damit ein junger Mensch überhaupt noch in den Journalismus einsteigen kann und das ebenfalls ein ausschlaggebender Grund für die ungleichen Chancen von Menschen mit Migrationshintergrund im Journalismus sind.

Wie mediale Vielfalt fördern?

Um Diversität und Vielfalt in den Medien zu fördern, gäbe es mehrere Möglichkeiten, sagt Pöttker. Eine davon sind Ethno-Medien. Diese sind besonders an Österreichs Bevölkerung mit Migrationshintergrund gerichtet und sollten vielfältig sein, keine Barrieren aufbauen und Partizipationsmöglichkeiten aufzeigen. Dabei handle es sich jedoch nicht um eine sogenannte Gettoisierung, denn „Medien die einen besonderen Fokus auf Migration und interkulturelle Interessen gelegt haben, haben in den letzten Jahren viele positive Entwicklungen hervorgebracht“, sagt Clara Akinyosoye von M-MEDIA. Echerer stimmte dem zu, möchte jedoch trotzdem deutlich machen, dass so manche Medien, diesen Effekt auch verfehlten würden „Heimat Fremde Heimat“ sei für sie ein trauriges Zeugnis dafür, dass die Menschen und Inhalte nicht ins Regelprogramm inkludiert werden.

Als Vorreiter in Sachen Integrationspolitik und mediale Integration wurde mehrmals die USA genannt. Die bewusste Förderung von minorities hat in den letzten Jahrzehnten zu großen Erfolgen geführt. Auch in Österreich – so war man sich am Podium einig – sollten die Anteile der MigrantInnen in wichtigen öffentlichen Sektoren und in Medien kontinuierlich erhöht werden.

Bei der ganzen Diskussion dürfe man eines nicht vergessen, mahnt Echerer ein:  und zwar Medienkompetenz und Medienbildung durch Eltern, LehrerInnen und durch das restlichen Umfeld zu fördern.


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