Efgani Dönmez und sein Kurdendilemma

HINTERGRUND:
  • Die parlamentarische Anfrage "PKK-Angriff auf türkische Fluggesellschaft" wurde mit den Signaturen der grünen Bundesräte Dönmez, Kerschbaum und Marco Schreuder unterschrieben. Letzere distanzierten sich später von der Anfrage. Es waren Blankounterschriften. Die Anfrage wurde nach erheblicher Aufregung  zurückgezogen.

29.08.2012 | 14:49 | Hülya Tektas

Das Wissen über den seit 30 Jahren andauernden Aufstand der Kurden scheint sogar bei politisch aktiven Europäern äußerst beschränkt zu sein. Der grüne Bundesrat Efgani Dönmez bewies das kürzlich wieder aufs Neue.

Die parlamentarische Anfrage von dem grünen Bundesrat Efgani Dönmez – von der sich seine Parteikollegen distanzierten –  sorgte in Österreich für Aufregung. Die Kurdenproblematik der Türkei, wie Efgani Dönmez auch in seinem Blog betont hat, ist auch in Europa ein Thema. Obwohl Nachrichten über die Kurden in der westlichen Welt präsent sind, scheint das Wissen über den seit 30 Jahren andauernden Aufstand der Kurden sogar bei politisch aktiven Europäern äußerst beschränkt zu sein.

So beschreibt Efgani Dönmez in seinem Blog die Kurdenfrage der Türkei vollkommen falsch. Entweder ist diese vereinfachte und falsche Darstellung eine bewusste Strategie des Herrn Bundesrates oder er kennt sich mit den politischen Entwicklungen der letzen 20 Jahre in der Türkei tatsächlich nicht aus. Dann stellt sich aber die Frage, warum er, mit Blankounterschriften seiner Parteikollegen gestellten Anfrage, die politischen Aktivitäten der kurdischen Menschenrechtsaktivisten in Österreich einzuschränken versuchte. Eigentlich müsste Dönmez sich selbst die Frage stellen, ob er bei der richtigen Partei ist, da die grünen Alternativen in Österreich aus einer Protestbewegung entstanden sind.

Kurdischer Aufstand ist politisch motiviert

Dönmez erkennt richtig, dass es in der Türkei ein Ost-Westgefälle gibt und die Kurdengebiete jahrzehntelang infrastrukturell, kulturell, bildungs-, und gesundheitspolitisch zurückgeblieben sind. Seine Behauptung, dass dies ein wichtiger Grund für die kurdische Freiheitsbewegung sei, ist allerdings nicht richtig. Tatsache ist, dass der kurdische Aufstand politisch motiviert ist und von Beginn an mehr Rechte, Souveränität und Selbstbestimmung für die Kurden forderte.

Auch die Behauptung, dass die Kurden in der Türkei einen eigenen Staat gründen wollen, ist nicht richtig. So gibt es in der Türkei derzeit keine einflussreiche kurdische Bewegung, die einen eigenen Staat gründen will. PKK, die kurdische Arbeiterpartei, wurde Ende der 70er Jahre von einigen kurdischen und türkischen Studenten als eine marxistisch-leninistisch orientierte Freiheitsbewegung gegründet. Ihr Ziel, ein unabhängiges Kurdistan innerhalb der Grenzen der Türkei, Irak, Iran und Syrien zu gründen, hat die PKK im Laufe der Zeit aufgrund der politischen Entwicklungen im Nahen Osten, geändert.

PKK und die Emanzipation der Kurden

So ist die PKK, seit dem Zerfall der Sowjetunion, trotz straffer Struktur, nicht mehr als marxistische Organisation zu sehen. Die freiwilligen Guerillas, die die Kultur der Kurden sehr gut kennen, sind dem Volk sehr nah und dementsprechend beliebt. Wenn man von der PKK spricht, darf man nicht vergessen, dass es sich um eine Institution handelt. Dieser von der PKK offen getragene Konflikt und die daraus entstandene Bürgerbewegung hat nicht nur die Kurden emanzipiert, die trotz allen Schwierigkeiten noch immer selbstbewusst für ihre Rechte einstehen, sondern wenn auch noch ungenügend,  auch zu positiven Veränderungen in der türkischen Politik geführt. Zwischen 2005 und 2007 zeigte sich bei den türkischen Politikern eine Tendenz zu einer kurdenfreundlichen Politik.

Nationalistische Politik der Türkei im Vormarsch

Seit 2007 lässt sich jedoch eine nationalistische Politik der regierenden Partei AKP beobachten. Ministerpräsident Erdogan, der Assads Regierung schärfstens kritisiert, führt eine ähnliche Politik in seinem Land durch, wie der syrische Diktator und versucht die Kurden nicht nur durch seine aggressiven und bedrohenden Reden sondern auch mit militärischen Angriffen zu bekämpfen. Es ist demnach widersprüchlich, dass die Türkei einerseits die syrischen Oppositionellen unterstützt, aber andererseits die eigenen Kurden, die Ähnliches fordern, angreift. Die von den Alliierten Mächten nach dem ersten Weltkrieg provisorisch errichteten Grenzen im Nahen Osten verändern sich nun und die Karten werden neu gemischt. Eine ähnliche Chance eröffnete sich in den 90er Jahren, nach dem Zerfall der Sowjetunion, als sich der Osten Europas und Kaukasien politisch neu orientierten. Neben einer Handvoll Terroristen, wie die kurdischen Guerillas in der Türkei genannt waren, gingen Frauen, Kinder und Teenager für ihre Rechte auf die Straßen.

50.000 Tote

Die unerwartete Entschlossenheit der Kurden wurde ein Jahrzehnt lang mit dem Staatsterror blutig niedergeschlagen. Neben auf 50.000 geschätzten Toten, wurden viele Dörfer bombardiert und Menschen zwangsumgesiedelt. Die in ihren Dörfern als einfache Bauer lebende Kurden waren plötzlich gezwungen, sich in türkischen Metropolen zu Recht zu finden. Das führte auch zu Konflikten ohne politische Motivation zwischen Türken und Kurden im Alltag.

Jahrzehntelang stellte ein Autonomiegebiet von Kurden in Nordirak eine Gefahr für die Türkei dar, nun lernt die türkische Öffentlichkeit, auch Nordsyrien als potentielle Gefahr zu sehen. Als Antwort auf diese Entwicklungen und besorgt dadurch, dass Kurden in Syrien wie die im Irak eine Teilautonomie bekommen könnten, verschärft die Türkei ihre Kurdenpolitik.

Angriffe auf Kurden

Nun stellt sich die Frage, wohin die Gewaltpolitik von Erdogan führt. Gegen die erneuten Repressions- und Gewaltwellen hat die PKK schnell reagiert. Es gibt seit einigen Wochen tagelang andauernde Kämpfe zwischen PKK Guerillas und der türkischen Armee. Der Großteil der Kurden, die die regierende Partei gewählt haben, wird vermutlich mit der Politik Erdogans einverstanden sein. Es gibt aber noch viele Kurden, die trotz des seit 30 Jahren anhaltenden Konflikts, noch immer unermüdlich für ihre Rechte demonstrieren. Die politische Herausforderung für Erdogan besteht darin, eine demokratische Lösung für die Forderungen der Kurden zu finden, die auch eine Chance für die Türkei darstellt.

Im Moment beobachtet man öfters kreisende Helikopter am Himmel mitten im Zentrum der in Südostanatolien gelegenen Stadt Diyarbakir. Bewaffneten Polizisten greifen öfters die vorwiegend aus Kindern, Teenagern und Frauen bestehende Demonstrantengruppen an. Selbst jene Kurden, die nicht demonstrieren, bekommen ihren Teil von der Staatsgewalt ab. Noch mehrere Straßen von den Demonstrationsorten entfernt spüren Kurden in ihren Wohnungen die Wirkung von Tränengas.

Dönmez hat nicht dazu gelernt

Und jene Kurden, die in Österreich gegen dieses Vorgehen demonstrieren, möchte der Herr Bundesrat Dönmez als Terroristen abstempeln. Dass er nach der öffentlichen Kritik an seiner Anfrage und der Distanzierung der beiden anderen grünen Bundesräte, diese wieder zurückziehen musste, ist zwar ein gutes Zeichen. Dass er zugleich in seinem Blog Kritiker Thomas Schmidinger und Mary Kreutzer verunglimpft, zeigt, dass er sein Bundesratsmandat weiter für die Denunziation von Kritikern missbraucht.


12 Kommentare

  • rohat

    Was hat "wenig investieren" mit den kurdische Namen verboten, kurdische Sprachverboten, kurdische Gebietsnamenverboten, kurdische Kultur verboten zu tun? Kann Hr. Dönmez, als Integrationsbotschafter beantworten? Warum versuchte dieses Mann über uns Kurden in Österreich zu Wort zu kommen? Was für eine Motivation hat er? Seit wann hat eine Österreichische Politiker, als Türkische Botschafter Tätig geworden? Dass Text, was er "geschrieben" hat, anscheinend gehört ihm nicht. Weil er kann nicht so klar denken und Sprechen. Er Spricht mit eine eigene "Sprache" die nur die Kriminale Türken verstehen! Übrigens, wir sind Zwei Verschiedene Volk. Mit dem Sprachen (kurmanci, kirmancki, gorani, sorani); mit dem Religionen (Ezîdî, Raa Haqq, Ehlî Haqq, Muslim, Christen und Juden), und mit dem Land. Unsere Land heisst Kurdistan und die Anwesenheit Türken dort in Kurdistan sind als Kolonialistisch. In Kurdische gebiet, Beytussebap gibt 18.000 Einwohner, davon 9.000 sind Türkische Armee. Woher kommt investitionsgeld für diesen Armee und warum haben die Kurden nicht? Geschrieben um 2. Oktober 2012 um 13:13 Uhr Antworten
  • Platon

    Steine in kurdisches Kulturzentrum geworfen – St. Pölten http://noev1.orf.at/stories/153511 Brandanschlag auf kurdisches Vereinslokal in Wien http://wiev1.orf.at/stories/317289 Ich habe im Archiv keine parlamentarischen Anfragen des Grünen ultra Pazifisten zu diesen türkischen Terroranschlägen gefunden. Handelt es sich hier etwa um einen Grauen Wolf im Schafspelz? Geschrieben um 3. September 2012 um 10:11 Uhr Antworten
  • Bozkurt

    Das sind Artikel von Feinden der Menschheit und Menschlichkeit. Geschrieben um 30. August 2012 um 05:47 Uhr Antworten
    • Rotinda

      und, was sind Sie Herr Bozkurt? Ein heulender Grauerwolf? Geschrieben um 31. August 2012 um 16:50 Uhr
  • Metin

    als die kurdischen vereine in Linz, St. Pölten, Wien und Bregenz mit steinen und molotovcocktails beschmießen wurden, hat effi keine anfrage gestellt. schließlich waren das ja nur türkische ultra faschisten. Geschrieben um 29. August 2012 um 20:00 Uhr Antworten
  • Müller Stefan

    Sehr geehrte Frau Tektas, Ihr Unseriös recherchierter Artikel strotz vor Verfälschungen und Verdrehungen allgemein bekannter Tatsachen. Ihr Artikel BEWEIST das Sie eine Nationalistisch-Faschistische Ideologie Vertreten und den Terror der PKK zustimmen und gutdünken. Die PKK hat durch ihre Faschistische und äusserst brutal Nationalistische Ideologie, die schön gefärbt wird mit der Fahne der Internationale in der Türkei und im Ausland mehrere Hunderttausend Tote zu verantworten. Wie Sie wissen hatte Kemal Burkay einer der Vorgründer der PKK mehrere Zeitschriften und Bücher in den 70er Jahren auf Kurdisch veröffentlicht. Durch diese Linksgerichtete verlogene Brüderlichkeit und der gleichzeitigen Ermordung von zigtausend Türkeistämmige einen Militärputsch hervorgebracht.Und damit die Landflucht zu verantworten. Die PKK ist schuld an dem Krieg in der Türkei und am Leid aller und das ein Land in einen Schock Zustand Katapultiert ist der immer noch aufrecht erhalten wird, auch weil es solche böse Menschen gibt wie Sie die über den Opfern der terroristischen PKK höhnt und die verschweigt das die PKK der grösste Drogenkurier der Welt ist. Die PKK betreibt eine Gewaltorgie und tötet die Menschen in der Türkei egal welcher Ethnie, ja auch Kurden. Das der Kurdische Nord-Irak nur überlebt weil die Türkei dieses korrupte und von Kleptomanen Machtclans beherrscht wird unterstützt verschweigen Sie genau so, wie das nun eine Terror vereinigung sich in Nord-Syrien breit macht. Würden Sie den Österreichern zumuten wenn die Al-Qaida sich in Slowenien festgessesen hat und von dort Angriffe auf die Österreicher führt und Kärnten als Historisches Al-Qaida Stammland sieht? Die Tatsache ist die PKK unterdrückt die Bevölkerung und zwingt die armen Bürger zur Teilnahme, auch Sie sind ein gebranntes Kind und wollen nicht einsehen wie hässlich ihre Wunschwelt ist. DIE PKK AFFEN SIND TERRORISTEN UND TéTEN UNSCHULDIGE KINDER, FRAUEN UND MÄNNER, TÖTEN DURCH DEN DROGEN VERKAUF AUCH KINDER IN ÖSTERREICH UND SIE SCHWEIGEN DAZU WEIL ES IHNEN LIEBER IST DAS MIT DEM GELD DER TERROR IN DER TèRKEI FINANZIERT WIRD: SCHÄMEN SIE SICH!! Geschrieben um 29. August 2012 um 19:52 Uhr Antworten
    • Ali Haydar

      1.)2.824 Studierende - davon 90% KurdInnen - wurden in den letzten Jahren aus politischen Gründen verhaftet. War das auch die PKK? 2.)Mehr als 6500 Kurdische PolitikerInnen (6 Abgeordnete und 23 BürgermeisterInnen) wurden seit 2009 verhaftet. War das auch die PKK? 3.)Nahezu 100 Kurdische JournalistInnen sind in der Türkei in Haft.War das auch die PKK? 4.)Türkische Armee tötet bei Luftangriff 35 Zivilisten; Bei einem türkischen Luftangriff an der Grenze zum Irak sind 35 Zivilisten gestorben. War das auch die PKK? Quellen: 1.http://derstandard.at/1345165246755/Freisemester-hinter-Gittern?ref=article 2.http://www.ihd.org.tr/english 3.http://derstandard.at/1331207229674/375-Tage-und-ein-Wort-des-Richters 4.http://www.welt.de/politik/ausland/article13789676/Tuerkische-Armee-toetet-bei-Luftangriff-35-Zivilisten.html Geschrieben um 29. August 2012 um 23:11 Uhr
    • Bozkurt

      Ein brillianter Komment. Geschrieben um 30. August 2012 um 05:53 Uhr
    • Asiye

      Drogenverkauf in Österreich? Geben sie mir bitte eine Quelle Herr Müller Stefan oder soll ich sagen Berk Türkmen? Geschrieben um 30. August 2012 um 07:57 Uhr
    • Ekrem

      Schön das der Herr Müller vollgepackt mit den ganzen Lügen der türkischen Medien und seine kapitalistische Wesen irgendwelche Grundlinien für die These der PKK festlegt.. Wenn mann sich in der Geschichte der türkischen Regime nicht auskennt und nicht weiß, dass es keinerlei demokratische Annäherungen gegen Kurden gab, sollte man lieber nicht antworten. Geschrieben um 31. August 2012 um 03:06 Uhr
    • Taner Semih

      @Müller Stefan: Ich hätte es nicht besser schreiben können. Da kann mal sehen wie tief der Terror sitzt und wie selbst Journalisten die PKK Terroristen unterstützen und deren Angriffe schönreden. Wundern sollte es einen aber nicht. Woher kommen denn die ganzen finanziellen Mittel und militärische Ausbildungen? Der Konflikt hat natürlich nicht mit Syrien begonnen. Seit Jahrzehnten überschatten die kurdischen Terroristen die Türkei mit Gewalt und feigen Attacken. Dieser Zustand ist mit Syrien nicht zu vergleichen Frau Tektas!! Meiner Meinung nach müsste noch viel härter und konsequenter gegen diese Terroristen vorgegangen werden. Gruß aus Hamburg. Geschrieben um 31. August 2012 um 16:01 Uhr
  • Jens Ruckenstuhl

    Liebe Frau Tektas, es ist sehr schade, dass sich im Österreichischen Parlament und Bundesrat insgesamt 245 Abgeordnete (62 BR + 183 NR Mitglieder) befinden und ausgerechnet ein Grüner Gutmensch mit TÜRKISCHEM Migrationshintergrund meldet sich zu Wort, um die KurdInnen als Terroristen zu bezeichnet. Es gilt aber die Unschuldsvermutung ;-) Geschrieben um 29. August 2012 um 18:02 Uhr Antworten

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