Flüchtlinge zwischen Stacheldraht, Mittelmeer und Ghetto

22.04.2015 | 14:25 | simon INOU

Vor 9 Jahren schrieb Corinna Milborn, damals Journalistin bei Format, ein brisantes Buch über Flüchtlingsdramen, Migration und Entwicklungspolitik zwischen Europa und Afrika. In ihrem Buch kamen Menschenschicksale vor, die ein nicht menschliches Gesicht der EU Migrationspolitik schilderten. Für Milborn waren nicht nur alle Arten von Politik betreffend MigrantInnen in der EU gescheitert (Integration, Multikulturalismus, Assimilation..), sondern auch die EU Entwicklungspolitik. Für sie schuf die EU Entwicklungshilfe mehr Probleme, als sie löste. Mit Geduld hat Milborn recherchiert, besonders in den afrikanischen Ländern, die als Migrantenreservoirs für die EU gelten – aber auch in Frankreich, Spanien, Großbritannien, Österreich.

Europa ist inzwischen menschenfeindlicher, rechtextremistischer, zynischer und ablehnender im Bezug auf MigrantInnen geworden. Frontex ist das Beispiel dafür. Vor 9 Jahren war dieses Buch das einzige, das MigrantInnen vom Herkunftsland bis ins Aufnahmeland begleitete und zu verstehen versuchte. Deswegen war Corinna Milborn damals im deutschsprachigen Raum eine große Referenz in vielen Medien. Vor 10 Jahren fasste ich das Buch in 11 Thesen zusammen. Heute sind die Thesen aktueller als je zuvor.

  • These 1: Europa braucht MigrantInnen. In ganz Europa gibt es ganze Branchen, die ohne illegale Beschäftigung zusammenbrechen würden. Die Agrarwirtschaft, das Gastgewerbe, das Baugewerbe. Nicht zu vergessen wäre auch die Reklame und das Zeitungsgewerbe
  • These 2: Europa ist ein Einwanderungskontinent und wird es bleiben. Europa ist seit den 50er Jahren ein Einwanderungskontinent (S. 9). 56 Millionen Einwanderer leben in den EU Staaten. Die Zahl der Personen im erwerbsfähigen Alter nimmt in der EU ab und kann nur durch Einwanderung gedeckt werden. Siehe: Grünbuch der EU-Kommission.
  • These 3: Europa betrachtet Migration als Sicherheitsgefährdung. Migration wird in Europa nur unter dem Aspekt der Sicherheit betrachtet. Was zu einem Mauerbau an den EU Grenzen führt. Die EU hat eine Reihe von Schutzmassnahmen entwickelt, die vor allem mit Sicherheit zu tun haben. Programme wie ARGO, GALILEO, EURODAC, CIREFI und SIVE u.a. dienen zum Schutz der EU Grenzen….
  • These 4: Der EU Arbeitsmark braucht MigrantInnen. MigrantInnen kommen nach Europa, weil sie Arbeit suchen. Besser gesagt, weil sie nach Arbeit jagen. Der globale Kapitalismus erzeugt weltweite Armut.
  • These 5: Rassismus als Hauptgrund der Ausschliessung. Die Präsenz von MigrantInnen wird in der EU nicht wahrgenommen. Es entsteht Ghettoisierung aufgrund von Ausschlussmechanismen wie institutionellem Rassismus, die einen Nährboden von Krawalle, Islamismus etc. darstellen.
  • These 6: Ausgeschlossene Europäer gefährden die Sicherheit Europas. Krawalle in Frankreich, Terrorismus in den U-Bahnen in Grossbritanien sowie Spanien sind nicht Werke von MigrantInnen sondern von EU-Bürgern, die seit zwei bis drei Generationen in der EU leben und die ausgeschlossen werden.
  • These 7: Alle Modelle der Akzeptanz von MigrantInnen in Europa haben versagt. In der EU haben alle Arten von Politik betreffen MigrantInnen versagt. Multikulturalismus (England), Assimilation (Frankrein) und Integration (Österreich, Deutschland) gelingt es nicht Menschen anderer Herkunft in Europa zu akzeptieren.
  • These 8: Migrantinnen in Europa leiden am meisten. Von allen MigrantInnen-Gruppen und Subgruppen leiden die Frauen am meisten. Warum? Aufgrund ihres Geschlechtes aber auch oft aufgrund ihrer Hautfarbe.
  • These 9: MigrantInnen helfen Herkunfts- sowie Aufnahmeländern MigrantInnen leisten finanziell, kulturell und gesellschaftlich viel für ihre Herkunftsländer sowie für ihre Aufnahmeländer. Jeder Migrant schafft, indem er aus dem Ausland Geld schickt, vier Arbeitsplätze zu Hause. Wenn er zurückkehrt, fällt die Hälfte davon weg. „Der Migrant in der Fremde ist besser als der Migrant, der zurückkehrt.
  • These 10: Die EU Entwicklungspolitik wird nicht zugunsten der Aufnahmeländer konzipiert
  • These 11: Immer mehr Menschen aus anderen Kontinenten z.B. aus Asien benutzen Afrika als Einreiseweg nach Europa Mit dem syrischen Krieg ist es noch wahrer geworden als vor 10 Jahren.

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