Neue Regierung: Sehnsucht nach Ex-Außenministerin Plassnik

18.12.2013 | 13:33 | Kerstin Kellermann

Auch wenn es derzeit aussichtslos erscheint: Eine Außenministerin, die ein Herz für Flüchtlinge hat und international eine gute Figur macht, wird man sich ja noch zu Weihnachten wünschen dürfen. Und einen fairen Prozeß für die „Schlepper-Flüchtlinge“.

Wieviel bestimmte Rückführungszertifikate für Flüchtlinge den österreichischen Steuerzahler kosten, ist nicht bekannt. Mit einem kurzen „Nein“ antwortete Ex-Außenminister Spindelegger auf die parlamentarische Anfrage der SPÖ-Abgeordneten Petra Bayr, ob er den Regierungen in Afghanistan und Pakistan Entwicklungshilfegelder im Austausch für Flüchtlings-Rücknahme angeboten hätte. Wieviel Spindelegger für Rückführungszertifikate, zum Beispiel für Nigeria, kalkulierte und woher diese Gelder stammen, ließ er offen. Dass der Staat Nigeria ohne finanzielle Anreize nach Jahrzehnten plötzlich Rückreisezertifikate ausstellt, ist unrealistisch. Die Aufnahme von 500 syrischen Flüchtlingen, die Spindelegger großspurig versprach, hat bisher nicht geklappt.

Auch als er in der Zeit im Bild, zu Israel und Palästina befragt, freudig meinte „Wir werden einen Staat dazu stellen!“, hatte man eher den Eindruck, er wünscht sich etwas und wundert sich dann, dass niemand die Idee aufgreift, bzw. er hätte mit der Ideenfindung bereits das Seine geleistet. Bisher wurden in Österreich noch keine 200 der angekündigten 500 syrischen Flüchtlinge aufgenommen, was eventuell auch an der Auswahl der „Internationalen Organisation für Migration“ liegt, die sehr hohe Summen an EU-Geldern für Rückkehrprojekte erhält. Plötzlich soll das IOM erfolgreiches Resettlement gestalten?

Wenn nun Integrationsstaats-Sekretär Kurz neuer Außenminister ist, dürfen sich Flüchtlinge keine Verbesserung ihrer Lage erwarten, denn Kurz schloß die Integration von Flüchtlingen dezidiert aus seinem Aufgabenbereich aus, obwohl nicht wenige im Laufe der Jahre zu Österreichern werden. Auch langjährige Integrations-Flüchtlingsprojekte erhielten keine finanzielle Unterstützung mehr. Besonders die Integration von jugendlichen Flüchtlingen wäre aber sehr wichtig und neue Formen von Integrationsmodellen, die die leider oft auftretenden  Selbstverletzungen aufgrund falscher Verarbeitung von Gewalt auffangen können. Damit die Flüchtlings-Kids nicht im Gefängnis landen – in der gleichen Zelle mit erwachsenen Straftätern (wie im Falle eines Jungen, der gerade „freiwillig“ nach Afghanistan zurückkehrte).

Manchmal sehnt man sich nach der Kärntner Außenministerin Ursula Plassnik zurück, die mit Internationalität und humanistischer Bildung punktete, gute Figur auf dem EU-Parkett machte und sogar eine spannende Rede auf die Malerin Maria Lassnig halten konnte. Als Tatenmensch liebte sie ihr Amt und hätte eventuell sogar ein persönliches Gespräch mit einem Flüchtling riskiert.

Gute Lösung für Votivkirchen-Flüchtlinge

Vielleicht wäre Plassnik auch eine gute Lösung für die Votivkirchen-Flüchtlinge eingefallen, eine rechtliche Möglichkeit, um die über ein Jahr kämpfenden Flüchtlinge als Integrierte unterstützen und halten zu können. Aber eventuell wäre ihr wieder die Kronenzeitung dazwischen gekommen. Denn in gewissen Zeitungen wurden „die Servitenkloster-Flüchtlinge“ bereits als Schlepper bezeichnet, obwohl es noch gar keinen Prozeßtermin gibt. Der nun allen beteiligten AnwältInnen vorliegende Schlepper-Abschlußbericht der Polizei liest sich wie die Auflistung eines gigantischen Reiseverkehrs.

Da aber keine einzige Person, die möglicherweise geschleppt wurde, aufgehalten wurde, scheinen sich diese Daten allein auf Handyüberwachungen zu beziehen. Erstaunlich auch, dass es die burgenländische Polizei ist, die in Wien lebende Schlepper beobachtet hätte. Oder nur belauscht? Die Verhafteten sitzen auf jeden Fall in Wiener Neustadt ein. Als Außenstehende fragt man sich auch, wieso bei den über Monate gehenden Ermittlungen nicht eine dieser Schleppungen gestoppt wurde? So viel Reiseverkehr direkt unter den Augen bzw. Ohren der Polizei? Fast jedes Wochenende?

In der Wiener Votivkirche gab es unter den Hungerstreikenden immer wieder neue Gesichter, aber diese Flüchtlinge waren keine über Österreich in ein anderes Land Geschleppten, sondern kamen aus den Bundesländern zu Besuch und aus Solidarität vorbei und mussten bald wieder abreisen, da sie sonst nach zwei Nächten woanders ihre zugewiesene Unterkunft verlieren. Dadurch herrschte reges Kommen und Gehen.

EZA-Wirtschaftsmigranten-Gelder

Solange nicht klar ist, wieviel Geld  die pakistanische Behörde, die nach Jahren des Verzichtes auf dieses staatliche Mittel plötzlich Rückkehrreisezertifikate für acht sofort  abgeschobene Flüchtlinge ausstellte, erhalten hat, ist es schwierig abzuschätzen, wann die restlichen Flüchtlinge im Servitenkloster abgeschoben werden. Der freiwillig zurückkehrte Junge erhielt 200 Euro, zusätzliche 3000 Euro, die ihm als Hilfe für seine von Gewalt bedrohte Familie in Aussicht gestellt wurden, liegen derzeit noch auf dem Konto der IOM (International Organisation for Migration).

Der neue Außenminister Kurz stellte nun bereits im Standard-Interview einen Zusammenhang zwischen Entwicklungshilfe und Flüchtlingen her. Dabei sind die EZA-Schwerpunktländer  gar keine Länder, aus denen Flüchtlinge nach Österreich kommen. Der traditionelle ÖVP-Zusammenhang besteht nur darin, dass Gelder aus dem EZA-Topf genommen werden, um dieses ideologische Muster zu bedienen: Wenn man Flüchtlingen in den Herkunftsländern Geld gäbe, würden sie dort bleiben, denn in Wirklichkeit wären sie bloß Wirtschaftsmigranten und keine Verfolgten. Ein gemeines Denkmuster, das auch die Innenministerin sehr gerne vertritt.


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